Obdachlosigkeit von EU-Bürgerinnen und Bürgern in München
In der Studie „Obdachlose Menschen auf der Straße in der Landeshauptstadt München“ von Mai 2024 wird festgestellt, dass ca. 71 % der befragten obdachlosen Menschen, die sich im Münchner Stadtgebiet aufhalten, aus dem EU-Ausland, insbesondere Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Polen stammen.
EU-Bürger haben grundsätzlich das Recht, sich in der Europäischen Union frei zu bewegen, in jeden anderen Mitgliedstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten. Dieses Recht ist in Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) garantiert.
Im Einklang mit der Freizügigkeitsrichtlinie benötigen Unionsbürger und ihre Familienangehörigen für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten nur einen gültigen Personalausweis oder Reisepass (Paragraph 2a Absatz 1 Freizügigkeitsgesetz/EU).
Für ein Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten müssen bestimmte weitere Voraussetzungen erfüllt sein: Gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind nach Paragraph 2 Absatz 2 des Freizügigkeitsgesetzes/EU:
- Arbeitnehmer sowie Unionsbürger, die sich – für eine gewisse Zeit – zur Arbeitssuche oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen,
- Selbstständige sowie Erbringer von Dienstleistungen,
- nicht erwerbstätige Unionsbürger, sofern sie über ausreichende Existenzmittel und Krankenversicherungsschutz verfügen,
- Unionsbürger, die nach fünf Jahren rechtmäßigem Aufenthalt ein Daueraufenthaltsrecht erworben haben,
- sowie die Familienangehörigen dieser Unionsbürger, wenn sie den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen.
In Deutschland wird bei Unionsbürgern, die sich bei der Anmeldung durch ein gültiges Ausweisdokument ausweisen können, üblicherweise davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Ausübung des Freizügigkeitsrechts und damit für Einreise und Aufenthalt in Deutschland bestehen. Die zuständige Behörde kann eine Erklärung verlangen, dass eine der geforderten Voraussetzungen vorliegt, also etwa ein Arbeitsplatz oder die Verfügung über ausreichende Existenzmittel und Krankenversicherungsschutz.
Können die Voraussetzungen nicht erfüllt werden, kann nach Ermessen der Verlust des Freizügigkeitsrechts festgestellt werden, was eine Ausreisepflicht zur Folge hat. Kommt der Unionsbürger seiner Ausreisepflicht nicht freiwillig nach, kann er abgeschoben werden.
Um zu prüfen, ob Leistungen und Hilfen in Anspruch genommen werden können, ist unter anderem die Vorlage einer Niederlassungs-, Aufenthaltserlaubnis oder EU-Freizügigkeitsbescheinigung verpflichtend.
Bei Menschen, die sich in der Obdachlosigkeit befinden, kann in vielen Fällen davon ausgegangen werden, dass nach einem mehrmonatigen Aufenthalt in München, die Perspektive, eine Arbeit oder Wohnung zu finden, sehr gering ist. Eine Eingliederung in das System mit Aussicht auf eigenständige Erbringung des Lebensunterhalts ist auch mit Unterstützung der Kommune leider nicht realistisch.
Daher fragen wir den Oberbürgermeister:
- Werden in München Kontrollen hinsichtlich der Freizügigkeitsberechtigung durchgeführt?
- In welcher Form können die Voraussetzungen der Freizügigkeitsrichtlinien von Menschen ohne festen Wohnsitz geprüft und nachvollzogen werden?
- Wie wird bei Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts verfahren?
- Wie werden die vorgegeben Aufenthaltszeiträume und deren Überschreitung überprüft?
- Werden die obdachlosen EU-Bürger nach Verlust der Freizügigkeit bei der Rückreise unterstützt und beraten?
- Stehen für diese Beratung und die entstehenden Reisekosten Gelder zur Verfügung?